Deutsche LitRPG Hörbücher: Ein professioneller Blick hinter die Kabine bei der Hörbuchproduktion 

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Deutsche LitRPG Hörbücher: Ein professioneller Blick hinter die Kabine bei der Hörbuchproduktion 

Hi, ich bin Isy und ich bin LitRPG-Hörbuchsprecherin. 

Ähhh… was?

Fangen wir erst einmal von vorn an. Ich bin Sprecherin, das heißt, ich mache Voice Over und Sprachaufnahmen für Werbung, Mediationen, Ansagen, Videos – und auch für Hörbücher.

Da sind wir schon bei der Hörbuchsprecherin angekommen. Als ebendiese verleihe ich Geschichten und Charakteren eine Stimme und damit Leben. Eine wundervolle Tätigkeit, die sowohl Kreativität und Leidenschaft, als auch Disziplin und Zeit in Anspruch nimmt.

Wenn ihr wissen wollt, was genau ich bei einer Hörbuchproduktion alles mache und was die Arbeit an einem Hörbuch im LitRPG besonders macht, folgt mir gern in meine Kabine.

Wie wird aus einem LitRPG Roman ein Hörbuch? 

Zuerst bereite ich mich auf das Skript vor, lese es komplett und mache mir Markierungen.

So bekommen die Charaktere in ihrer wörtlichen Rede alle eine eigene Farbe und teilweise setze ich Betonungen oder Pausen, wenn der Satz besonders lang oder komplex ist.

Dann überlege ich mir, welche Stimme ich dem jeweiligen Charakter geben möchte und nehme diese schon mal auf, falls ich später nachhören muss.

Jetzt geht es ans Aufnehmen: Ich spreche Stück für Stück die Kapitel, das Intro und das Outro. Parallel gehe ich auch in die Bearbeitung: Dabei schneide ich alle Fehler, Störgeräusche und zu lange Pausen raus.

Sobald die Kapitel fertig bearbeitet sind, kommt mein Korrekturhörer ins Spiel, der das Hörbuch überprüft und mit dem Text abgleicht. Bei solch langen Aufnahmen werden immer noch ein paar Fehler gefunden.

Die Korrekturen nehme ich im Anschluss auf und pflege sie in die Audiodateien ein.

Zum Schluss werden die Dateien noch gemastert: Dabei wird die Lautstärke und der Klang angepasst, sodass für einen angenehmen Hörgenuss gesorgt ist und das Hörbuch in den Shops vertrieben werden kann.

Insgesamt sitze ich also auch ziemlich lang am Schreibtisch.

Das Sprechen selbst nimmt zeitlich tatsächlich den kleineren Teil ein, der Feinschnitt dauert deutlich länger bei mir. Beim Sprechen gibt es dennoch ein bisschen was zu beachten, wenn man tiefer einsteigt.

Was ist beim Hörbuchsprechen wichtig? 

Ganz grundsätzlich, unabhängig vom Genre, ist eine gesunde, tragfähige Stimme unabdingbar. Sie sollte ohne Anstrengung über einen langen Zeitraum gleichbleibend performen. Das ist nicht zu unterschätzen, denn bei falscher Stimmbenutzung, da geht es schon bei der korrekten Haltung und Atmung los, kann die Stimme stark geschädigt werden, bis zur vollständigen Heiserkeit, wo gar nichts mehr geht.

Auch die richtige Sprechtechnik ist wichtig, um eine Geschichte über Stunden hinweg angenehm und gleichzeitig mitreißend zu erzählen. Dazu gehört eine angemessene Betonung von Wörtern und Sätzen, eine entspannte Atmung und ein gleichmäßiges Tempo mit sinnvollen Pausen.

So sollen die Hörer*innen vor Langweile nicht direkt einschlafen, aber auch nicht genervt abschalten. Denn wenn zu viele Wörter betont werden, die Geschwindigkeit holpert und Schnappatmung mit von der Partie ist, entsteht auch kein schöner Sprechfluss, dem man gern lauschen möchte. Jeder findet seinen eigenen Sprechstil, ein paar Grundregeln gibt es dennoch, wie ihr seht. 

Nun zum spaßigsten Teil: die Charakterstimmen mit all ihren Persönlichkeiten, Emotionen und  Gedanken und die Grundstimmung der jeweiligen Situation zu transportieren. Wie gelingt das?

Für mich ist das eine ganz intuitive Sache. Ich fühle mich in den entsprechenden Charakter und in die Situation ein, als wäre ich selbst dort, als wären es meine Gedanken und Gefühle. Dann kommt die gewünschte Stimmung von ganz allein. Vergleichbar mit einem Schauspieler, nur dass man beim Hörbuchsprechen in sehr viele Charaktere innerhalb kurzer Zeit hineinschlüpft.

Hier spielt die Wandlungsfähigkeit mit rein: schnelles Umschalten zwischen verschiedenen Charakteren, der Erzählstimme und im Fall des LitRPG-Genres auch mit den Konsolenprotokollen, die bei mir eine eigene Stimme bekommen. Tauchen wir bei der Gelegenheit doch gleich tiefer ins LitRPG-Hörbuchsprechen ein.

LitRPG-Hörbuchsprechen – Welche Unterschiede gibt es zu anderen Genres?

Wenn ihr noch nicht wisst, was LitRPG eigentlich ausmacht, empfehle ich euch den Blogartikel: LitRPG: Was ist das eigentlich?

Da in einer LitRPG-Geschichte das Thema Gaming allgegenwärtig ist, sollten mir als Sprecherin gängige Gaming-Begriffe bekannt sein, wie NSC, Quest, Mana und vieles mehr. Da ist es natürlich praktisch, wenn man selbst schon Erfahrung in dem Bereich hat. Ansonsten müsste man, wie bei anderen Themen, mit denen man sich nicht auskennt, gründlich recherchieren und sich darauf vorbereiten. 

Eine Besonderheit im Skript stellen für mich die Konsolenprotokolle dar, die in der Erzählung eine zentrale Rolle spielen, wie zum Beispiel bei Kampfszenen oder dem Charakterbogen. Da diese Besonderheit eine Brücke zur Computerwelt schlägt, wollte ich die Protokolle auch in einer Art Computerstimme sprechen.

Anbei ein Beispiel einer LitRPG Konsolenausgabe in „Der Fluch des schwarzen Phönix“ von Lew Marschall.

Wichtig dabei ist natürlich der Sprechstil, es sollte eher künstlich klingen.

Passend dazu habe ich auch beim Schnitt darauf geachtet, alle Atmer zu entfernen und gleichlange Pausen einzufügen, damit es weniger menschlich klingt. Besonders herausfordernd ist es, wenn nur einzelne Wörter im Satz mit der künstlichen Stimme gesprochen werden, damit der Erzählfluss nicht verloren geht. Mir macht dieses Wechselspiel unfassbar viel Spaß.

Außerdem kommen, wie in „Der Fluch des schwarzen Phönix“, noch Fantasy-Elemente dazu, die mir mindestens genauso viel Freude bereiten.

In der Fantasy Welt gibt es eine größere Charaktervielfalt, denn es kommen beispielsweise im Vergleich zum gewöhnlichen Thriller oder Drama auch nicht-menschliche Wesen vor, wie Zwerge, Orks, Elfen oder solche, die wir noch gar nicht kennen.

Der Fantasie sind dahingehend keine Grenzen gesetzt.

Das öffnet natürlich auch die Tür für außergewöhnliche Charakterstimmen, die ich wahnsinnig gern spreche. Ich liebe es, dem Zwerg eine grummelige, durch den Bart gedämpfte Stimme zu geben oder dem Drachen eine monumentale, einnehmende Stimme oder den kleinen Holzkohlemännchen – wer nicht weiß, wovon ich rede, unbedingt das Hörbuch zu „Der Fluch des schwarzen Phönix“ hören 😉 – eine fiepsige, niedliche Stimme.

Dabei kann ich Grenzen überschreiten und so richtig kreativ werden. 

Wie erzeuge ich die Charakterstimmen? 

Hier arbeitet der Körper mit.

Mit unserer Körperhaltung können wir schon stark die Intention des jeweiligen Charakters ausdrücken, was sich automatisch auch in der Stimme widerspiegelt. Das fängt bei einfachen Emotionen wie Wut, Trauer oder Freude an und geht beispielsweise weiter bei einer herrschsüchtigen Person, die Befehle erteilt.

Konkretes Beispiel: Wenn die Königin aus „Der Fluch des schwarzen Phönix“ ein Kommando schreit, stehe ich stolz, ein wenig arrogant in meiner Kabine, mit entschlossenem Gesicht und schwinge meinen Arm mit Druck nach oben beim Sprechen, wenn ich dem Gesagten noch mehr Ausdruck verleihen will.

Deshalb nehme ich auch am Liebsten im Stehen auf, da ich da noch mehr Bewegungsfreiraum habe. Ja wer hätte es gedacht, Hörbuchsprechen kann Ganzkörperarbeit sein. 

Nun zu speziellen Charakteren, wie zum Beispiel dem Zwerg. Dieser hat nämlich eine Stimme von mir bekommen, die eigentlich so gar nicht meinem physiologischen Stimmsitz entspricht. 

Dafür habe ich meinen Kopf beim Sprechen ein wenig nach unten und zur Seite geneigt. Damit ist meine Stimme noch weiter weg vom Mikro als sonst, was einen leicht gedämpften und durch die Haltung einen gepressten Klang ergibt. Meine Intention dabei war, dass der Zwerg durch seinen Bart spricht und auch ein wenig kurzatmig ist aufgrund seines korpulenten Körperbaus.

Tipp: Den Zwerg Sandor könnt ihr auch in der Hörprobe des Hörbuchs zu „Der Fluch des schwarzen Phönix“ hören. 

Solche Anstrengungen mache ich natürlich nicht bei allen Charakteren, es reicht oft auch die Mimik entsprechend anzupassen, aber eben gern wenn es sich ergibt.

Das macht so viel Spaß, da man sich so richtig austoben kann. Hier gilt jedoch die Devise: nicht zu sehr übertreiben. Da gibt es meiner Meinung nach auch keine festen Grenzen.

Wichtig ist nur, dass es zum eigenen Sprechstil und der Geschichte passt und nicht erzwungen oder zu gewollt klingt. Dann fügt es sich wunderbar ins Bild und ist dennoch schön abwechslungsreich.

Das finde ich übrigens allgemein sehr wichtig und sinnvoll: sich selbst treu zu bleiben und das, was man macht, mit Freude zu tun. 

LitRPG-Hörbuchsprecherin – mit Freude und Leidenschaft

Klingt alles gar nicht so kompliziert? Ist auch keine Zauberei. Wie bei jeder anderen Tätigkeit, wächst man auch hier mit seinen Aufgaben und mit der Erfahrung fällt einem vieles leichter. Gründliche Vorbereitung, Training, regelmäßige Selbstreflexion und Optimierung der Technik sind unabdingbar, um ein zufriedenstellendes Ergebnis abliefern zu können.

Bei der ganzen Übung aber bitte eins nicht vergessen: den Mut aufzubringen, ein Projekt in Angriff zu nehmen und dabei dann alles zu geben.

Warum Mut? Nicht nur mit deiner individuellen Stimme sondern auch mit deiner Interpretation und deinem Stil offenbarst du einen Teil deiner Persönlichkeit. Du öffnest dich ein Stück weit und machst dich dadurch auch angreifbar für jegliche Kritik. Beachte also beim Schreiben einer Kritik, dass immer eine Person hinter dem fertigen Werk steht.

Und andersherum beim Sprechen, nimm konstruktive Kritik auf, lasse dich aber nicht von Kritik persönlich angreifen, negativ beeinflussen oder gar zurückhalten. Eins noch: Wenn du deine Arbeit mit Freude und Leidenschaft machst, hört man das.

Oder? Hört gern ins Hörbuch „Der Fluch des schwarzen Phönix“ rein und erstattet Bericht, würde mich freuen 🙂

Auch wenn ihr Fragen habt, immer raus damit! 


Über die Autorin:

Isabel Kluth, geboren 1992, baute sich als gelernte Logopädin und studierte Sprechwissenschaftlerin ein umfangreiches Fundament im Bereich Stimme, Sprache und Sprechen auf. Da sie selbstständig und kreativ arbeitet, hat sie sich im Jahr 2021 nach dem Besuch verschiedener Workshops und Kurse für den Sprecherberuf entschieden. Als freiberufliche Sprecherin mit Homestudio erstellt sie Sprachaufnahmen und Voice Over für Werbungen, Webvideos, eLearning, Meditationen, Hörbücher, Telefonansagen, Podcasts, Audio Guides und Apps.

https://www.sprecherin-speakisy.de/